Sie planen ein Corporate Event und haben das „Magische Dreieck“ mit seinen drei Zielgrößen „Termine, Leistungen und Kosten“ fest im Blick. Dann müsste Ihr Event ein voller Erfolg werden und niemand sollte am Ende mit Ihrer Arbeit unzufrieden sein. Doch wer muss alles zufrieden sein? Haben Sie vielleicht einen Stakeholder oder eine interessierte Partei übersehen oder deren Erwartungen nicht ausreichend berücksichtigt? Wenn Sie sich diese Fragen stellen, dann sind Sie bereits mitten im Stakeholdermanagement angekommen und legen den Grundstein für die Erreichung der vierten Zielgröße bei Corporate Events und erfolgreichem Corporate Event Management – die „Stakeholderzufriedenheit“.
Stakeholder: Klare Definition und Bedeutung
Der aus dem Englischen stammende Begriff „Stakeholder“ wurde aufgrund seiner zunehmenden Verwendung im deutschen Sprachraum in den Duden aufgenommen. Weitere oftmals synonym verwendete Begriffe sind „Interessierte Partei(en)“ oder „Interessengruppe“, für die sich vielfältige und teils sehr sperrige Definitionen finden lassen. Kurzgefasst verbirgt sich hinter dem Begriff „Stakeholder“ eine Person oder Gruppe, deren Zufriedenheit mit dem Event maßgeblich für den Projekterfolg ist. Die Zufriedenheit ist hierbei bezogen auf alle Prozesse, die vor, während und nach dem Corporate Event stattfinden. Auch wenn sich Corporate Events meist an eine klar abgrenzbare Zielgruppe wenden und diese die Haltung der Zielgruppe zum Unternehmen oder der Marke positiv bestärken sollen, ist einem umsichtigen Corporate Event Planer dran gelegen, eben diesen Effekt ebenfalls bei Personen oder Gruppen außerhalb der Zielgruppe zu erreichen oder zumindest nicht negativ zu verändern. Darüber hinaus steht die Zufriedenheit der Stakeholder direkt damit in Verbindung, ob Stakeholder die Erreichung der übrigen drei Zielgrößen unterstützen, behindern oder gar verhindern.
Stakeholdermanagement im Corporate Event Management
Das Stakeholdermanagement als Teil des Corporate Event Managements sollte bereits in der Projektstartphase beginnen, da es wichtige Informationen für die Zieldefinition und das Risikomanagement liefert. Die Stakeholder-Analyse ist eingebettet in die Projekt-Umfeld-Analyse, in der sowohl das sachliche als auch soziale Umfeld des Projekts untersucht werden. Unter das sachliche Umfeld fallen natürliche, technische, rechtliche und ökonomische Faktoren. Dies sind im CEM insbesondere die Event-Location mit allen technischen und infrastrukturellen Eigenschaften, gesetzliche Vorgaben und die Digitalisierung des Events. Nachfolgend widmen wir uns dem sozialen Umfeld Ihres Projekts – den Stakeholdern.
Die 5 Schritte des Stakeholdermanagements
Mit dem Ende der Projektstartphase nimmt das Stakeholdermanagement erst richtig Fahrt auf und sollte durch den gesamten Projektverlauf hindurch aufrechterhalten werden. Das Sprichwort: „Wissen ist Macht“ beschreibt den Kernprozess des Stakeholdermanagements – auch als Stakeholder-Analyse bezeichnet – sehr trefflich. Sowohl die Informationen, die man über die Stakeholder erlangt, als auch die, die man an die Stakeholder gezielt weiterleitet, tragen maßgeblich zum Erreichen des Projekterfolges bei.
Die Schritte des Stakeholdermanagements
- Identifikation (Informationsbeschaffung)
- Analyse (Bewertung und Klassifizierung der Stakeholder)
- Maßnahmenplanung (Strategie- und Aktionsplanung sowie Kommunikationsmatrix)
- Maßnahmendurchführung (Umsetzung sowie Status- und Erfolgskontrolle)
- Evaluierung des Stakeholdermanagements nach Projektabschluss
Der beschriebene Prozess zeigt die idealtypischen Schritte, die Ihr Stakeholdermanagement umfassen sollte. Da neue Stakeholder in jeder Phase des Projekts auftauchen können oder sich die Einstellung der erkannten Stakeholder verändern kann, muss ein konstantes Stakeholder-Monitoring durchgeführt werden. Ändert sich also die Informationslage zu einem Stakeholder, wird der Prozess als iterative Schleife erneut durchlaufen. Das Stakeholdermanagement ist erst mit dem Abschluss des Projekts beendet. Professionelle Eventmanager sollten es hier jedoch mit einer abgewandelten Lebensweisheit halten: „Man sieht sich immer zweimal im Leben!“. Nutzen Sie also unbedingt die Lernphase zwischen den Projekten. Nachfolgend gehen wir näher auf die beschriebenen Schritte ein:
1) Stakeholder-Identifikation
Für die Identifikation der Stakeholder sollte stets ein multi-methodischer Ansatz gewählt werden. Ähnlich wie bei der Risiko-Identifizierung können ein Stakeholder-Identifizierung-Meeting des Projektkernteams, Check- und Fragelisten, Interviews und Begehung oder Kreativitäts-Methoden zu einer sehr umfassenden Identifikation von Stakeholdern führen.
Als groben Rahmen für die Identifikation kann man die folgenden 5 Stakeholder–Gruppen heranziehen:
- Kunden
- Mitarbeiter
- Auftraggeber
- Lieferanten
- Gesellschaft
Die von Ihnen erstellte Liste darf gerne abwegig erscheinende potentielle Stakeholder enthalten und es ist ein gutes Zeichen, wenn Ihre Liste gefühlt zu viele Stakeholder enthält. Hierdurch verringern Sie das Risiko, Stakeholder zu übersehen. Ob Sie für die jeweiligen Stakeholder-Maßnahmen ergreifen müssen und in welchem Umfang, beantwortet Ihnen die nachfolgende Stakeholder-Analyse.
2) Stakeholder-Analyse
Haben Sie Ihre Stakeholder-Identifikation vorerst abgeschlossen, müssen Sie nun die Einstellung und den Einfluss der Stakeholder gegenüber Ihrem Projekt einschätzen. Für die Ermittlung der Einstellung sollte man sich fragen, wie betroffen die jeweiligen Stakeholder durch das Projekt sind und wie sich dies auf die ihre Haltung zum Projekt auswirken könnte. Sie können die Haltung beschreiben auf einer Skala von:
- (++) aktiv unterstützend
- (+) passiv wohlwollend
- (0) neutral
- (-) passiv ablehnend
- (- -) aktiv entgegenwirkend
Für die Einteilung des Einflusses kann als Bewertungskriterium herangezogen werden:
- M(ächtig) – der Stakeholder kann das Projekt zum Scheitern bringen
- E(influssreich) – der Stakeholder kann den Projekterfolg maßgeblich vermindern
- S(chwach) – der Stakeholder hat nur marginalen bis keinen Einfluss auf den Projekterfolg
Nun können Sie die identifizierten Stakeholder in Ihr Stakeholder-Portfolio übertragen und erhalten so eine optische Clusterung Ihrer Stakeholder:
Sie können die Einteilung noch feiner gestalten oder nur nach 4 Merkmalen unterscheiden: Einfluss (stark/schwach) und Einstellung (positiv/negativ). Wichtig ist, dass Sie die Einteilung mit den entstehenden Clustern für die Strategiebestimmung in der nachfolgenden Maßnahmenplanung übernehmen.
3) Stakeholder-Maßnahmenplanung
Mit Ihren Maßnahmen zielen Sie stets darauf auf ab, Ihre Stakeholder zu beeinflussen. Sie wollen die Einstellung der Stakeholder zum Projekt verbessern oder diese zumindest beibehalten und nicht verschlechtern. Wenn Sie eine Vielzahl an potentiellen Stakeholdern identifiziert haben und die Analyse ergibt, dass ein Großteil von ihnen relevante Stakeholder Ihres Events sind, dann lohnt es sich zur Vereinfachung der Maßnahmenplanung für die Entwicklung von verschiedenen Informationsstrategien zu entscheiden. Eine Einteilung in drei Hauptstrategien erfolgt in:
- „partizipativ“ – aktive Einbeziehung der Stakeholder
- „diskursiv“ – man steht im Austausch mit den Stakeholdern
- „restriktiv“ – einseitig gesteuerte Informationsweitergabe bis zur Null-Informations-Strategie
Wenn Sie jedem identifizierten Stakeholder eine Bewertung zugewiesen haben, können Sie diese in einem Stakeholder Portfolio clustern und dem jeweiligen Portfoliosegment eine Strategie zuweisen:
Als Maßnahmen können als aktive Einbeziehung Meetings, Vor-Ort-Besuche und Befragungen dienen und als passive Einbindung können Sie E-Mail-Verteiler, Newsletter und Postwurfsendungen verwenden. Die Maßnahmen des Stakeholdermanagements haben vielfältige Überschneidungen mit dem Projektmarketing, das Ihnen besonders in Form des Livemarketings eine große Auswahl an Möglichkeiten zur Vermarktung Ihres Projektes bietet. Was Sie jedoch stets unterlassen sollten, ist bewusste Desinformation oder Indiskretion, um Stakeholder zu beeinflussen.
Zur Veranschaulichung der von Ihnen zu planenden Informationsverteilung bietet es sich an, eine Kommunikationsmatrix zu erstellen. Sie weisen den Stakeholdern oder einer Gruppe von Stakeholdern zu, wer aus dem Projektteam für die Kommunikation zuständig ist, in welchem Intervall die Kommunikation stattfinden soll, welche Informationen weitergegeben werden sollen und in welchem Format und auf welchem Wege. Zudem kann noch das Ziel der Kommunikation und die damit verbundene (Beeinflussungs-)Strategie vermerkt werden. Basierend auf Ihrer Kommunikationsmatrix lassen sich auch für das Risikomanagement benötigte Informations-, Eskalations- und Notfallpläne erstellen.
4) Stakeholder-Maßnahmendurchführung
Ihr Maßnahmenplan steht nun und Sie beginnen mit der Umsetzung Ihrer Strategien basierend auf Ihrer Kommunikationsmatrix. Zur Zusammenführung der Erkenntnisse und Ergebnisse können Sie in regelmäßigen Abständen, zu vorab definieren Ereignissen oder bei Bedarf auch spontan Stakeholder-Statussitzungen mit den im Stakeholdermanagement beteiligten Projektmitarbeitern abhalten. Sie haben so die Möglichkeit, die Wirkung der Maßnahmen einzuordnen und bei Bedarf nachzusteuern oder gar einen Strategiewechsel basierend auf neuen Informationen vorzunehmen. Zur Veranschaulichung der Stakeholder-Entwicklung können Sie das Stakeholder Portfolio mit Wirkungspfeilen (falls Sie die Veränderung Ihren Maßnahmen zuschreiben können, sollten Sie dies farblich hervorheben) aktualisieren.
In unserem Beispiel gehen haben die Maßnahmen zur Verbesserung von zwei Stakeholder-Einstellungen geführt und eine Stakeholder-Einstellung hat sich aufgrund von noch unbekannten Gründen verschlechtert, während sich die übrigen Stakeholder-Einstellungen nicht verändert haben. Hier sollten Sie wieder zurück an den Beginn des Prozesses der Stakeholder-Analyse springen und sich die nötigen Informationen über die Verschlechterung der Stakeholder-Einstellung verschaffen.
5) Evaluierung des Stakeholdermanagements
Sie haben es geschafft und mit einem angepassten Maßnahmenplan die Stakeholder zumindest in den Status der passiv wohlwollenden Einstellung versetzt und Ihr Event ist auch in Hinsicht auf die drei übrigen Zielgrößen erfolgreich verlaufen. Nun sollten Sie mit Ihrem Team evaluieren, was auf andere Projekte übertragbar ist, was verbesserungswürdig verlaufen ist und wie es zur zeitweiligen Verschlechterung der Einstellung von Stakeholder 4 gekommen ist. Können hieraus Hinweise und Maßgaben für neue Events abgeleitet werden? Sollte Ihr Projekt in Hinsicht auf die Stakeholderzufriedenheit weniger erfolgreich gewesen sein, dann hinterfragen Sie ihren Methodenmix, Ihr Bewertungsverfahren oder die Ausgestaltung und die Umsetzung der Kommunikationsmatrix. Vergessen Sie zum Abschluss nicht das Lob, das an Mitarbeiter und Stakeholder verteilt werden kann und sollte, denn „man sieht sich immer zweimal im Leben!“
Fazit zum Stakeholdermanagement für Corporate Events
Lassen Sie sich nicht von dem vermeintlichen Mehraufwand abschrecken, den das planvolle Stakeholdermanagement auf den ersten Blick mit sich bringt. Denn die Erkenntnisse aus dem Stakeholdermanagement helfen Ihnen nicht nur bei der Bestimmung Ihrer Projektziele und beim Risikomanagement, sondern Sie können auch ganz maßgeblich durch das Stakeholdermanagement zum Erreichen des Projekterfolges beitragen. Mit Stakeholdermanagement bei Corporate Events können Sie nachhaltig die Zufriedenheit erhöhen.
Quelle:
Ellmann, Sonja, Behrend, Frank D., Hübner, Raimo & Weitlaner, Erwin, Interessengruppen / Interessierte Parteien, in: Kompetenzbasiertes Projektmanagement (PM3), Handbuch für Projektarbeit, Qualifizierung und Zertifizierung, hrsg. v. Michael Gessler, Nürnberg 82016.